Der digitale Drahtesel

Insights, Technologie
12.03.2019 Lesezeit: 4 Minute(n)

Voll vernetzt auf zwei Rädern

Das (elektrische) Fahrrad der Zukunft sagt die Route an, überwacht die Herzfrequenz des Benutzers, wird über das Handy angeschlossen und vereinbart selbst einen Werkstatttermin. Klingt verrückt? Ist aber technisch weitgehend schon möglich. Der Megatrend Digitalisierung hat längst auch das Zweirad erreicht.

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©️smacircle

Anfang Februar konnte man in der Digitize-Arena auf der ISPO München (Internationale Fachmesse für Sportartikel und Sportmode) eines dieser digitalen Fahrräder der Zukunft auf einem Test-Parcours schon mal ausprobieren. Das Mini-E-Bike Smacircle S1 hat keine Pedale und erinnert an einen futuristischen Roller. Es ist mit einem USB-Slot ausgestattet und kann so mit dem Smartphone verbunden werden. So sind die Navigation oder die Verbindung mit Fitness-Gadgets ein Kinderspiel. Und über das Handy kann man das Wunderwerk gleich noch bequem sperren und entsperren.

Das digitale Fahrrad im Rucksack

Das Gefährt erinnert kaum noch an ein klassisches Fahrrad. Die Energie bekommt es aus der unter dem Sattel integrierten Batterie, welche in Verbindung mit dem Motor auch dafür sorgt, dass man ohne Treten bis zu 20 km/h schnell wird. Und der Clou: Am Ende kann man die innovative Neuentwicklung zusammenklappen und bequem in den Rucksack stecken. Das Fahrrad wiegt nur etwa 7,5 Kilogramm und hat gefaltet die Dimensionen 190 x 290 x 540 mm. Das dürfte vor allem für Pendler in der Stadt, die einen Teil des Arbeitsweges mit den öffentlichen Verkehrsmitteln fahren, ziemlich spannend klingen.

Innovationen aus der Automobilindustrie

Der Fahrradmarkt verändert sich stark. Das hat vor allem etwas mit dem E-Bike-Boom zu tun. Allein in Deutschland nähert sich die Zahl der jährlich verkauften Elektrofahrräder der Millionengrenze. Damit drängen auch ganz neue Player auf dem Markt, die teilweise wie Bosch, Brose oder Continental ursprünglich aus der Automobilbranche kommen. Sie bringen Lösungen, die im Automotive-Bereich längst Standard sind. So gibt es neuerdings sogar ein ABS-System für E-Bikes und die Konnektivität wird immer umfassender.

Das E-Bike geht selbstständig online

«Die Konnektivität der einzelnen Fahrradteile unter sich und mit dem Internet ist ein interessantes Thema», sagt Maximilian Topp vom Fahrradhersteller Sram im Interview bei ispo.com. «Navigation auf dem E-Bike-Display gibt es ja schon. Ich könnte mir vorstellen, dass wir mit dem E-Bike immer weiter der Smartphone-Entwicklung folgen und es selbständig online gehen lassen. Zum Beispiel für aktives Verkehrsrouting, Tracking, Diebstahlschutz und kontaktlose Bezahlvorgänge in öffentlichen Verkehrsmitteln.»

Das Fahrrad vereinbart den Werkstatttermin

Ebenfalls vielfach gewünscht ist die Verbindung zu Fitness-Gadgets wie Pulsuhren, die die gefahrene Strecke genau darstellen und die Körperfunktionen überwachen. Laut Maud von Hoff vom Fahrradhersteller Rotwild wird sich der digitale Drahtesel künftig auch selbst in der Werkstatt anmelden: «Interessant wird in Zukunft sicherlich die Verknüpfung mit dem Kundendienst, wenn das Rad selbständig auf seine benötigte Inspektion hinweist.»

Digital das perfekte Rad anpassen

Doch schon vor dem Kauf eines Zweirads sorgt die Digitalisierung für eine neue Dimension des Kundenerlebnisses. Durch das Smartfit-System der deutschen Firma Radlabor kann man bei ausgewählten Händlern mittels eines Bodyscans die perfekte Sitzposition und die Rahmengröße für jedes Körpermass ermitteln. Danach wird aus einer Raddatenbank mit über 100 Marken das individuell perfekte Bike ausgewählt.

Digitale Komplettsysteme und Smartphone-Apps

Dabei spielen für immer mehr Kunden die digitalen Vernetzungsmöglichkeiten eine entscheidende Rolle. Bei E-Bikes immer populärer werden Komplettsysteme mit allen Anzeigen für das Elektro-Zweirad samt Navigation. Empfohlen werden je nach Antriebsmarke zum Beispiel die Systeme COBI, Nyon oder Teasi Volt. Kostenpunkt für so ein System: zwischen 250 und 350 Euro. Wer es einfacher mag, kann eine intelligente Smartphone-App mit dem vor Regen geschützten Display am Lenker verbinden. Beispiele dafür sind das Impulse EVO & Naviki System auf Rädern von Kalkhoff und Raleigh oder das Flyer FIT Display in Verbindung mit der komoot App.

Per Helm vernetzt und den Bike-Trip gestreamt

Eine digitale Lösung gibt es auch für jene Fahrradfreunde, die sich die Route in ihr Ohr flüstern lassen und dabei noch mit ihren Begleitpersonen plaudern möchten. Möglich machen das neue Helme mit integriertem Bluetooth-System, Lautsprecher und Mikrofon. Sie verbinden sich mit Handy und Navigationssystem, so dass Alexa oder ein anderer virtueller Helfer den Weg ansagen kann. Beim Helm X1 der Firma Sena kann eine Gruppe von bis zu vier Personen über eine Intercom-Sprechanlage mit einer Reichweite von bis zu 900 Metern während der Fahrt plaudern. Wer etwa 300 Euro investiert, hat sogar eine integrierte Helmkamera und kann damit den Bike-Trip live in den sozialen Medien streamen.

Smartphone als soziale Schaltzentrale für den Rad-Trip

In den Boom-Zeiten von Instagram, Facebook und Co ist die permanente Vernetzung für viele Radler und Radlerinnen ein zunehmend wichtiges Thema. Das E-Bike-Komplettsystem oder das Smartphone werden dabei zur mobilen Schaltzentrale des digitalen Drahtesels. Sei es bei den virtuellen Hometrainer-Radrennen (z.B. zwift.com) oder live im Sattel. «Ausgereifte Navigationsangebote sowie fahrradspezifische Tools zur Routenplanung sind das eine, der Community-Gedanke das andere – man zeigt, wo man war, teilt Bilder, tauscht sich aus», sagt Sandra Wolf, Geschäftsführerin des E-Bike-Herstellers Riese & Müller. «Für E-Bike-Fahrer ist zusätzlich der Faktor E-Bike-Steuerung beziehungsweise Auswertung der Bike-Daten interessant.»

Gesundheit und Vernetzung mit dem Smart Home

Eine permanente Überwachung aller Fitness- und Gesundheits-Parameter ist, wie beim Laufen, fast schon Standard. Das Nyon von Bosch E-Bike-Systems ist Navigationssystem und Fitnesstracker in einem und bietet einen Internet-Zugang. Speziell für die Bedürfnisse sportlich ambitionierterer Fahrer gibt es ab dem Modelljahr 2019 den Bordcomputer Kiox, bei dem der Pulsmesser per Bluetooth vernetzt ist. Die Möglichkeiten für den digitalen Drahtesel sind also schier unerschöpflich. Künftig wird er sich auch mit dem Smart Home vernetzen können – dann stehen bei der Rückkehr von einer Fahrradtour vielleicht schon ein Proteinshake oder ein kohlenhydratreiches Essen bereit.

Wer sind wir? Wie leben wir heute? Und wie wird die Digitalisierung unser Leben verändern? Die Frage nach der Zukunft bewegt die Gesellschaft mehr denn je. Antworten suchen Ingenieure, Mediziner, Politiker und jeder einzelne von uns. Dieser Report ist einer von zahlreichen Beiträgen, die das Thema «Digitalisierte Gesellschaft» aus einem neuen, inspirierenden Blickwinkel beleuchten. Wir publizieren ihn hier als Teil unserer Serie «Impact».

Wissenschaftliche Forschung verfolgen wir bei Vontobel mit grosser Neugierde und Aufmerksamkeit. Das gibt uns die Chance, neue Investment-Möglichkeiten frühzeitig zu erkennen. Darum widerspiegeln unsere Themen­portfolios und Themen­investments auch Megatrends wie die Digitalisierung: Indem sie Unternehmen berücksichtigen, die wertvolle Beiträge zur Lösung von globalen Herausforderungen leisten.

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