Die Ethik der Künstlichen Intelligenz (KI)
Warum neue Technologien auch ethische Herausforderungen meistern müssen
In diesem Jahr werden wir feststellen, dass für Künstliche Intelligenz eine Ethik programmiert werden muss, die ihren Handlungsspielraum festschreibt. Gesetzlich verbindlich und doch pragmatisch. Wenn wir das nicht tun, gefährden wir das Selbstbestimmungsrecht von Menschen genauso wie von Unternehmen.
Die gesetzlich verankerte Ethik wird künftig ein selbstverständlicher Bestandteil jedes technologischen Fortschritts sein müssen. © depositphotos
Künstliche Intelligenz: Sogar für die Polizei zu «unheimlich»
Obwohl es sich bei der Künstlichen Intelligenz (KI) noch immer um eine sehr experimentelle und höchst fehleranfällige Technik handelt, verbreitet sie sich weltweit rasant. Sie kommt zum Einsatz, wenn wir uns um einen Kredit bemühen oder eine neue Arbeitsstelle suchen. Sie wird genutzt, um unsere Nachbarn zu überwachen oder um unsere Mitmenschen beim Einkaufen oder auf der Strasse zu scannen und sie mit Fahndungslisten abzugleichen. Die KI ist zur Stelle, wenn wir vor Gericht stehen oder eines Verbrechens bezichtigt werden. All dies geschieht ohne jeden rechtlichen Rahmen, der sicherstellt, dass der Einsatz dieser Technik transparent, nachvollziehbar und verantwortungsvoll vonstatten geht. Genau das müsste sich aber ändern.
Die Sorge um die Unkontrollierbarkeit von Künstlicher Intelligenz treibt nicht nur Bürgerrechtsbewegungen und Menschenrechtsaktivisten um. Die Londoner Polizeikommissarin Cressida Dick hat davor gewarnt, dass Grossbritannien Gefahr läuft, ein «unheimlicher, Orwell’scher und allwissender Polizeistaat» zu werden. Sie hat die Strafverfolgungsbehörden aufgefordert, sich mit dem ethischen Dilemma zu befassen, das durch KI und ähnliche Systeme entsteht. Unternehmen wie Microsoft, Google und Amazon, die Technologie zur Gesichtserkennung herstellen und vertreiben, haben die internationalen Regierungen wiederholt aufgefordert, Gesetze zur Regelung ihrer Nutzung zu erlassen. Bisher ohne Erfolg.
Technologie ist nicht «neutral»
Es gibt zahlreiche Kritiker, die fordern, dass diese Debatte noch viel weitreichender angelegt werden müsse. Sie setzen sich für ethische Grundsätze ein, die unseren gesamten technologischen Fortschritt begleiten. Das bedeutet im Grunde, dass wir uns nicht nur fragen: «Können wir das entwickeln?», sondern auch: «Sollten wir das entwickeln?» Das schliesst unter anderem die Fragestellung ein, wie und aus welchen Quellen neue Technologien finanziert werden. Und es bedeutet, anzuerkennen, dass ein Grossteil der Menschheit durch die einseitigen Entwicklungen vom Prozess des Fortschritts abgekoppelt wird. Von einem Missbrauch ihrer Daten ganz zu schweigen.
Video-Tipp zum Thema:
Cornelia Diethelm, Gründerin des Centre for Digital Responsibility (CDR), im Exklusiv-Interview
«Wir amüsieren uns zu Tode», prophezeite einst Neil Postman und verkündete damit sein Unbehagen gegenüber dem übermächtigen Fernsehen. Das war 1985. Doch diese Angst vor neuen Technologien kehrt wieder. Werden uns die Maschinen bald den Rang ablaufen? Auf der Arbeit? In der Liebe?
Zum Interview «Warum die Digitalisierung Ethik braucht» [Video]
Wir werden uns von der Vorstellung vieler Zukunfts-Enthusiasten verabschieden müssen, dass es sich bei der modernen Technologie um ein «neutrales» Phänomen handelt. Warum sollten wir es den Big-Tech-Companies erlauben, Geld mit etwas zu verdienen, für das sie keinerlei Verantwortung in Sachen Gesetzestreue übernehmen? Kate Crawford, Mitbegründerin des AI Now Institute, stellte diese Fragen während einer Rede vor der Royal Society im Jahr 2018: «Wer oder was ist eigentlich neutral?» Und: «Glauben wir, dass wir heute in einer neutralen Welt leben?» Shoshana Zuboff beschrieb in ihrem 2019 veröffentlichten Buch «Surveillance Capitalism», dass man die Feststellung nach der Technologie-Führerschaft mit nur drei Fragen beantworten könne: «Wer hat das Wissen? Wer entscheidet? Wer ermächtigt die Entscheider?» Somit wird klar, wessen Macht eingeschränkt werden sollte.
Ethik als Gesetz
Im Jahr 2020 werden wir verstehen, wie notwendig es ist, Künstliche Intelligenz und die gesamte damit verbundene Technologie ethisch vertretbar zu gestalten. Staatliche und private Entscheider beziehen solche Normen bereits in ihre Planspiele für die Zukunft der Arbeit und der Gesellschaft mit ein. Im kommenden Jahr müssen wir diese Suche intensivieren und ethische Werte auch in der Gesetzgebung verankern.
Was im Moment fehlt, ist die übergreifende Festschreibung einer KI-Ethik, die umsetzbar, messbar und über die verschiedenen Interessengruppen, Organisationen und Länder hinweg vergleichbar ist. Es macht wenig Sinn, Technologie-Unternehmen zu zwingen, einen Ethikbeauftragten zu ernennen oder eine schwindelerregende Anzahl von KI-Ethik-Prinzipien und -Richtlinien einzuführen, wenn wir deren Wirksamkeit nicht überprüfen können.
Im kommenden Jahr werden wir die Notwendigkeit solcher Massnahmen erkennen. Bis jetzt hat sich die Ethik der Künstlichen Intelligenz wie etwas angefühlt, über das man in der Theorie trefflich debattieren kann. Im Jahr 2020 werden wir feststellen, dass es katastrophale Auswirkungen haben wird, wenn wir keine praktischen Schritte zu deren Verankerung in unserer Gesellschaft unternehmen.
Über die Autorin Stephanie Hare:
Stephanie Hare ist eine Forscherin und Radiosprecherin, die ihren Themenschwerpunkt auf Technologie, Politik und Geschichte legt. Ihr erstes Buch über die Ethik der Technologie wird noch 2020 erscheinen. Diesen Text von ihr dürfen wir hier im Rahmen unserer Publishing Partnership mit Wired UK veröffentlichen.
Eine Phase rasanter Veränderungen kommt auf uns zu, angetrieben von Fortschritten bei Quantencomputern oder der Künstlichen Intelligenz (Artificial Intelligence AI). Wir bei Vontobel verfolgen dies mit Neugier und Aufmerksamkeit. So können wir frühzeitig neue Investment-Möglichkeiten erkennen, um an dieser epochalen Entwicklung zu partizipieren.
Ich interessiere mich für innovative Anlagestrategien basierend auf KI und modernster Technologie
Wer sind wir? Wie leben wir heute? Und wie wird die Digitalisierung unser Leben verändern? Die Frage nach der Zukunft bewegt die Gesellschaft mehr denn je. Antworten suchen Ingenieure, Mediziner, Politiker und jeder einzelne von uns. Dieser Bericht über «Ethik und KI» entstand im Rahmen unserer Publishing Partnership mit dem Technologie-Magazin WIRED. Er ist einer von zahlreichen Beiträgen, die das Thema «Digitalisierte Gesellschaft» aus einem neuen, inspirierenden Blickwinkel beleuchten. Wir publizieren ihn hier als Teil unserer Serie «Impact».