Es ist Zeit, die Verhandlungstaktik zu ändern
Donald Trump beherrschte in der vergangenen Woche erneut die Schlagzeilen. Nachdem er sich geweigert hatte, mit anderen Staats- und Regierungschefs beim G7-Gipfel eine gemeinsame Abschlusserklärung zu unterzeichnen, beleidigte er auch noch den kanadischen Premierminister Justin Trudeau über Twitter, sein bevorzugtes Kommunikationsmittel, verhängte Handelszölle für chinesische Importe und drohte damit, Zölle für Einfuhren von europäischen Autos zu verhängen, sollte Europa nicht seinerseits die Handelsschranken für US-Importe aufheben.
Obwohl er sich als Präsident der Vereinigten Staaten bereits zahlreiche Fehler geleistet hat, ist es richtig, dass sich Donald Trump mit der Frage der Handelspolitik befasst:
- Wie bereits in vergangenen Weeklies erwähnt, wurden viele der gegenwärtigen Handelsabkommen vor über 20 Jahren verhandelt, als zahlreiche Volkswirtschaften in Schwellenländern weit weniger entwickelt waren als heute. Somit ist es normal, diese Abkommen neu zu verhandeln, da sich die Kluft zwischen den entwickelten Volkswirtschaften und den Volkswirtschaften in Schwellenländern im Laufe der vergangenen zwei Jahrzehnte erheblich verringert hat.
- Es sollte nicht vergessen werden, dass die amerikanische Wirtschaft die offenste grosse Volkswirtschaft der Welt ist. Dies trifft vor allem zu, wenn man die USA mit China vergleicht und auch – wenn auch in geringerem Masse – im Vergleich mit Japan und der EU. Insbesondere in China erhalten ausländische Unternehmen nur über Joint Ventures mit lokalen Partnern Zugang zum Markt, die tiefe Einblicke in ihre Technologie und Abläufe erhalten. Zudem ist es ausländischen Unternehmen nicht erlaubt, chinesische Unternehmen aufzukaufen. Andererseits haben chinesische Unternehmen uneingeschränkten Zugang zu den europäischen und US-amerikanischen Märkten und konnten bis vor kurzem europäische und US-amerikanische Unternehmen ohne Beschränkungen kaufen.
- Es ist daher wichtig, dass jetzt eine Debatte über den Handel stattfindet, solange die westlichen Volkswirtschaften noch ausreichend Gewicht in den Verhandlungen haben. Denn dieses Gewicht nimmt stetig ab, da China rasch zur wichtigsten Wirtschaftsmacht der Welt aufsteigt. Dass Donald Trump die Debatte ausgelöst hat, könnte letztlich auch den europäischen Unternehmen helfen, wenn diese so einen verbesserten Zugang zu der zweitgrössten Wirtschaftsmacht der Welt erhalten. Wenn es Trump letztlich gelingen sollte, gleiche Wettbewerbsbedingungen mit anderen Handelspartnern zu schaffen und diese davon zu überzeugen, ihre Volkswirtschaften weiter zu öffnen, würde er dem globalen Handel einen nachhaltigen Impuls verleihen.
Dennoch sind Trumps Methoden falsch. Viele Militärhistoriker werden nur zu gerne darauf hinweisen, dass es eine Gefahr darstellt, an zu vielen Fronten gleichzeitig zu kämpfen. Es wäre besser, wenn Trump seine Schlachten in der Reihenfolge ihrer Priorität auswählt und sich mit anderen westlichen Staats- und Regierungschefs verbünden würde, um den wichtigsten Kampf zu gewinnen: den Zugang zum chinesischen Markt zu verbessern und ausgeglichene Wettbewerbsbedingungen mit China zu schaffen.
Alle anderen Handelsgespräche mit Kanada, Mexiko und der EU spielen eine untergeordnete Rolle im Vergleich zu der Diskussion mit China und können deshalb zu einem späteren Zeitpunkt geführt werden. Indem er sich von den anderen Staats- und Regierungschefs des G7-Gipfels isoliert, schwächt Trump nur seine Verhandlungsposition gegenüber China. Es ist daher an der Zeit, diese Strategie zu überdenken.
Die CIO Weekly Thoughts fokussieren und reflektieren Themen, die Lars Kalbreier während der Woche beschäftigt haben. Es ist vielmehr eine freie Meinungsäusserung, um gesunde Debatten unter den Lesern auszulösen, und keinesfalls eine Strategieempfehlung.