Fiskalische Massnahmen der USA als Reaktion zum Coronavirus – Welchen Einfluss hat dies auf unsere BIP-Schätzungen 2020?

Insights, Coronavirus
19.03.2020 Lesezeit: 3 Minute(n)

Die USA haben als Reaktion auf die Schritte zur Eindämmung des Coronavirus mutige fiskalische Massnahmen ergriffen, aber wir sehen trotzdem die Notwendigkeit, unsere BIP-Schätzungen für 2020 zu revidieren

  • Die US-Administration und der Kongress haben in den letzten Tagen verschiedene fiskalische Massnahmen angekündigt, welche mutige fiskalische Impulse umfassen.
  • Die Massnahmen werden den anhaltenden Nachfrageschock für die Wirtschaft deutlich abfedern, aber wir sehen trotzdem die Notwendigkeit, unsere BIP-Schätzungen für 2020 für die USA auf nahezu Null zu senken.
  • Im Folgenden listen wir alle vom US-Kongress und der Trump-Regierung angekündigten und verabschiedeten Massnahmen auf.

1. Erstes Notstandsgesetz (verabschiedet am 6. März): in Höhe von USD 8.3 Mrd. (0.04% des BIP)

Das erste Notstandsgesetz wurde am 6. März vom Kongress verabschiedet und zielte auf die Freigabe der ersten Mittel zur Bekämpfung des Covid-19-Virus ab. Das Paket beinhaltete Geld für die US CDC (Centers for Disease Control and Prevention), die Finanzierung von Impfstoffen und Forschungszentren sowie medizinisches Material für Gesundheitszentren. Ein Teil davon wird wahrscheinlich bereits jetzt ausgezahlt.

2. Gesetzesvorlage für die medizinische Notfallversorgung: Schätzungsweise USD 100 – 120 Mrd. (0.5% des BIP)

Dieses zweite Notstandsgesetz wurde am vergangenen Freitag vom US-Repräsentantenhaus und gestern vom Senat verabschiedet. Es liegt nun bei Präsident Trump. Die Hauptelemente des Gesetzes sind die Bereitstellung der ersten Notfallhilfe für Arbeiter und betroffene Angestellte und Familien mit Gesundheitskosten und Arbeitslosenunterstützung. Dies beinhaltet:

  • Kostenlose Coronavirus-Tests für jedermann. Dies erfordert, dass private Krankenversicherungen alle Kosten für die Tests übernehmen und die Regierung die öffentlichen Tests durch Medicaid abdeckt.
  • Bezahlter Krankenstand für vom Virus betroffene Arbeitnehmer, bis zu 14 Tage. Bezahlter Familien- und Medicaid- Urlaub, bis zu 3 Monate (2/3 des Gehalts sind abgedeckt). Da ein Drittel der US-Beschäftigten nicht krankenversichert ist, stellt dies sicher, dass sie im Falle einer Infektion Hilfe erhalten und die Verbreitung des Virus verlangsamen, da es die Menschen dazu ermutigt, im Krankheitsfall zu Hause zu bleiben.
  • Arbeitslosengeld für entlassene Arbeitnehmer.
  • Finanzierung der Krankenversicherung für Bürger mit niedrigem Einkommen über Medicaid.
  • Hilfe bei der Bereitstellung von Nahrungsmitteln durch den Staat für Arbeitnehmer mit niedrigem Einkommen und Schulprogramme.

3. Steuerliche Anreize für Einzelpersonen und Unternehmen: USD 850 Mrd. bis USD 1,2 Billionen (3.9 bis 5.5% des BIP)

Dies ist eine neue und sehr bedeutende fiskalische Stimulierungsmassnahme, welche vor zwei Tagen von Präsident Trump angedeutet wurde. Dieses massive Paket ist eher darauf ausgerichtet, Einzelpersonen mit Finanzmitteln und Unternehmen mit speziellen Steuererleichterungen und Massnahmen zur Wiederankurbelung der Wirtschaft zu unterstützen. Einzelheiten sind zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bekannt, aber das Paket könnte Folgendes umfassen:

Direktzahlungen an Bürger: Dies ist der wichtigste Teil des Pakets. Die US-Regierung und die Mitglieder des Kongresses sehen direkte Zahlungen an die Bevölkerung als wirksamer an als Steuererleichterungen (unserer Ansicht nach zu Recht). Der Betrag würde sich auf etwa USD 500 Mrd. (2x USD 250 Mrd.) belaufen. Das wären rund 1'000 USD pro Erwachsener und die Hälfte davon für Kinder, basierend auf den aktuellen Diskussionen (davon ausgenommen sind Bürger mit hohen Einkommen).

  • Diese Art von Massnahmen sind nicht «neu» und wurden bereits während der globalen Finanzkrise 2008 eingesetzt. Damals verteilte die US-Regierung im Rahmen des Konjunkturprogramms USD 100 Mrd. direkt an die Bürger, rund USD 600 pro Person. Im Jahr 2008 dauerte es 2.5 Monate zwischen der Entscheidung des Kongresses (Februar 2008) und den ersten Auszahlungen (im Mai, bis Juli 2008).
  • Diesmal ist der abrupte wirtschaftliche Schock von Covid- 19 viel unmittelbarer und schwerwiegender. Daher müsste das Geld schneller verteilt werden. Die US-Administration hat erste Auszahlungen für Anfang April in Aussicht gestellt, aber es wird alles davon abhängen, wie lange der Kongress die Verabschiedung der Massnahmen debattieren wird.

Unterstützung für Unternehmen: Dies würde darauf abzielen, den am stärksten betroffenen Wirtschaftssektoren (Fluggesellschaften, Dienstleistungen und Hotels/Tourismusindustrie) zu helfen. Der Betrag würde sich auf bis zu USD 200 Mrd. belaufen und in Form von Kapital- oder Kreditbürgschaften und Steuerrückzahlungen erfolgen. Die Flugindustrie hat solche Massnahmen als erstes gefordert.

Darlehen für KMUs: Diese würden über die Small Business Administration (SBA) erfolgen. Frühere Schätzungen lagen bei USD 50 Mrd., um KMUs mit günstigen Konditionen zu unterstützen. Jetzt liegen die diskutierten Zahlen eher in der Grössenordnung von mindestens USD 200 Mrd.

Mehr Arbeitslosenunterstützung (zusätzlich zum 2. Massnahmenpaket): Hier liegen noch keine Schätzungen vor, aber es wird erwartet, dass der zweite Gesetzentwurf, der auf die Arbeitslosenunterstützung in den USA abzielt, nicht ausreichen wird, um die Arbeitslosenversicherungen und -entschädigungen abzudecken. Daher könnten zusätzliche Massnahmen verabschiedet- und im Rahmen des dritten Pakets, das derzeit diskutiert wird, umgesetzt werden.

Hilft dies, einen wirtschaftlichen Einbruch zu vermeiden?
Ja, wir glauben schon. Aber gross angelegte fiskalische Massnahmen werden nur dazu beitragen, den Schock abzufedern, und dienen nicht dazu, einen starken Einbruch der Wirtschaftstätigkeit in dieser Phase zu vermeiden.

Wir sind dabei, unsere Wachstumsprognosen zu revidieren aber natürlich sind BIP-Schätzungen zum aktuellen Zeitpunkt mit einer grossen Unsicherheit verbunden, wenn man bedenkt, wie schnell sich die Situation ändert. Alles hängt davon ab, wie lange sich das Virus ausbreitet und wie gross und schwerwiegend die in den kommenden Wochen getroffenen Eindämmungsmassnahmen sein werden. Aber die bisherigen Berechnungen deuten darauf hin, dass das Wachstum in den USA im Jahr 2020 gegen Null tendieren dürfte und dass die Wirtschaftsaktivität im zweiten Quartal sehr stark zurückgehen wird.

  

 

  

 

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