Stabilisiert, aber immer noch fragil: unser CIO Monthly Special zur Bankenkrise
Makroökonomisches Update für den Monat April 2023 – CIO Monthly Special 2023
Letztes Jahr erachteten wir eine Rezession für 2023 als wahrscheinlich. Leider sieht es so aus, als hätten wir damit Recht gehabt. Die starken Zinserhöhungen der Zentralbanken sind inzwischen in der Realwirtschaft angekommen. Die Inflation dürfte noch stärker zurückgehen und wir erwarten, dass sich der bisher sehr robuste US-Arbeitsmarkt abschwächt. Zinssenkungen im zweiten Halbjahr werden wahrscheinlich.
Überschattet wird dieses «big picture» derzeit von zwei Banken, die in den letzten Wochen für Schlagzeilen gesorgt haben. Auf diese Krise möchten wir in dieser Ausgabe etwas ausführlicher eingehen. Einerseits beschäftigen wir uns mit den Gründen, andrerseits auch mit den möglichen Folgen.
In diesem fragilen Umfeld halten wir an einer insgesamt neutralen Ausrichtung unseres Portfolios fest.
Das monatliche CIO-Update analysiert das aktuelle Marktumfeld und deckt dessen Hintergründe auf. Es präsentierten Frank Häusler, Chief Investment Strategist, und Andreas Venditti, Swiss Equities Analyst.
CIO Monthly Special – Inflation, Rezession und die Bankenkrise
Im März kam es sehr plötzlich und unerwartet zu einer Bankenkrise. Sowohl in den USA wie in der Schweiz sorgte ein etabliertes Institut für grosse Schlagzeilen. Wie konnte dies passieren?
Dazu muss man beide Fälle separat anschauen und eine makroökonomische Perspektive einnehmen. Weil die US-Zentralbank in den letzten Monaten die Zinsen stark gestrafft hat, wurden Treasury Bills (kurzfristige Staatsanleihen) wieder zu attraktiven Anlagen. Viele Sparer schichteten ihre Einlagen um. Dies wurde der Silicon Valley Bank (SVB) zum Verhängnis. Dieser Abfluss an Kundengeldern zwang die SVB, Aktiven zu verkaufen, um Liquidität zu schaffen. Weil die Bank selbst stark in langfristige Staatsanleihen investiert war, die durch die Zinserhöhungen viel Wert verloren hatten, musste sie Verluste realisieren. Ein Fall von ungenügendem Risikomanagement. Die Ausweitung der Garantie der US-Regierung auf sämtliche Einlagen und die anschliessende Übernahme der SVB schafften es anschliessend, die Lage rasch wieder zu beruhigen.
Anders verhält es sich bei der Credit Suisse. Eine Reihe von Problemen, Skandalen und Verlusten führte zuerst zu einem massiven Vertrauensverlust, dem ein ebenso drastischer Abzug an Kundengeldern folgte. Innerhalb von zwei Wochen flossen letzten Herbst beinahe 100 Milliarden Schweizer Franken ab. Davon konnte sich die Bank nicht mehr erholen, so dass sie von der Konkurrentin UBS übernommen werden musste. Auch in der Schweiz sorgte diese Rettungsmassnahme für eine einstweilige Beruhigung der Märkte.
Wie geht es jetzt weiter? Die Lage bleibt fragil, weitere externe Schocks verträgt es jetzt keine. Wahrscheinlich kommt es zu neuen Bankenregulierungen. Interessant wird sein, ob diese neue Faktoren wie Social Media und Mobile Banking berücksichtigen. Bei der SVB wurden offenbar innerhalb von Stunden rund 20 Prozent der Bankeinlagen zurückgezogen. Wie kann ein solcher «digital bank run» in Zukunft verhindert oder entschärft werden?
Das gegenwärtige Umfeld beeinflusst auch unser Portfolio. Während die Rezession den Anlegern Sorgen bereitet, würden mögliche Zinssenkungen der Börse Schub verleihen. Angesichts der Unsicherheiten sind wir bei allen wichtigen Anlageklassen wie Aktien, Anleihen, Liquidität und Rohstoffen neutral gewichtet und lassen Vorsicht walten. Wir setzen insbesondere auf qualitative Aktien von Unternehmen mit soliden Bilanzen sowie auf Staatsanleihen, die von Zinssenkungen profitieren.