Reform der beruflichen Vorsorge (BVG 21) – quo vadis?
Vermögen & Vorsorge
19.07.2023
von
Michael Eugster
Lesezeit:
3
Minute(n)
Nach der AHV steht nun beim nächsten Vorsorgewerk eine Reform an
Die Schweizer Bevölkerung wird immer älter. Dies setzt die berufliche Vorsorge unter Druck. Deshalb hat das schweizerische Parlament die Vorlage zur Reform BVG 21 angenommen. Sie möchte die sogenannte 2. Säule reformieren. Dies hätte Auswirkungen auf Erwerbstätige und Pensionierte – sofern auch das Stimmvolk hinter der Reform steht.
Am 1. Januar 2024 tritt die AHV21 in Kraft. Diese Reform der 1. Säule der schweizerischen Vorsorge brachte das Rentenalter 65 für Frauen und zahlreiche weitere Veränderungen.
Details finden Sie in unserem Blogartikel zur AHV 21.
Jetzt steht bereits die nächste Reform an, diejenige der beruflichen Vorsorge. Der Grund dafür ist – ähnlich wie bei der AHV 21 – die steigende Lebenserwartung und der Geburtenrückgang. Beides führt dazu, dass die Schweizer Bevölkerung im Schnitt immer älter wird. Gleichzeitig schmälerte das Niedrigzinsumfeld im vergangenen Jahrzehnt die Erträge auf den Altersguthaben. Ein anderer Trend ist, dass reduzierte Arbeitspensen immer beliebter werden. 37 Prozent der Schweizer Bevölkerung arbeitet heute Teilzeit. Diese grosse Bevölkerungsgruppe hat bei der beruflichen Vorsorge zurzeit einige Nachteile.
Worum es geht
Das Ziel der BVG 21 ist es, die 2. Säule (berufliche Vorsorge) nachhaltig zu sichern. Ebenfalls sollen Teilzeitbeschäftigte besser abgesichert werden, sodass sie im Alter, und auch bei Invalidität oder im Todesfall optimal geschützt sind.
Hier stellen wir Ihnen die wichtigsten Bausteine der Reform im Detail vor:
1. Der Umwandlungssatz wird gesenkt
Der Umwandlungssatz ist der Prozentsatz, mit dem aus dem Altersguthaben die jährliche Altersrente berechnet wird. Die Reform will den Mindestsatz in der obligatorischen beruflichen Vorsorge von 6.8 Prozent auf 6.0 Prozent senken.
Nehmen wir an, Sie gingen im ordentlichen Alter in Pension. Aus einem angesparten Kapital von beispielsweise CHF 100'000 erhielten Sie nach der Reform eine jährliche, lebenslange Rente von CHF 6'000.
Der tiefere Umwandlungssatz reduziert langfristig die demografisch bedingte Umverteilung des Rentenguthabens. Die aktiv Versicherten (die heutigen Erwerbstätigen) müssten nach der Reform weniger stark die passiv Versicherten (die künftigen Rentner) finanzieren. Dies entlastet die berufliche Vorsorge.
2. Rentenzuschlag für die Übergangsgeneration
Die Sicherung der Leistungen hat ihren Preis. Der tiefere Umwandlungssatz wäre ungünstig für alle, die kurz vor der Pensionierung stehen. Als Ausgleich sieht die Reform vor, dass die Übergangsgeneration der ersten 15 Jahrgänge eine finanzielle Entschädigung erhält. Dieser Zuschlag ist abhängig vom Alter und dem angesparten Vorsorgeguthaben.
So hoch fällt der Zuschlag aus:
Vorsorgeguthaben (in CHF) | Rentenzuschlag pro Monat (in CHF) |
bis 220’500 |
200.- für die ersten 5 Jahrgänge 150.- für die nächsten 5 Jahrgänge 100.- für die letzten 5 Jahrgänge |
von 220’500 bis 441’000* | gestaffelte bzw. abnehmende Zuschläge, abhängig von Altersguthaben und Jahrgang |
ab 441’000** | Keine Zuschläge |
* betrifft ca. 25% der Versicherten in der Übergangsgeneration
** betrifft ca. 50% der Versicherten in der Übergangsgeneration
Quelle: BSV, Bundesamt für Sozialversicherungen
3. Der Sparprozess ändert sich
Nicht nur bei der Auszahlung, sondern auch beim Sparprozess bringt die Reform einige Änderungen. Hier die wichtigsten:
Bitte beachten Sie, dass die oben erwähnten Änderungen nur das BVG-Obligatorium betreffen. Es ist möglich, dass einzelne Pensionskassen weiterführende Regelungen haben.
Das Stimmvolk hat das letzte Wort über die Vorlage
Die oben beschriebene Reform wurde als Gesamtpaket von National- und Ständerat am 17. März 2023 gutgeheissen. Damit tritt die Vorlage nicht automatisch in Kraft. Gegnerinnen und Gegner sammelten in einem Referendum knapp 142’000 Unterschriften und reichten dieses am 27. Juni 2023 ein. Voraussichtlich kommt es deshalb 2024 zu einer Volksabstimmung über die Vorlage.
Nachdem sich die Schweizerinnen und Schweizer 2022 knapp für eine Erhöhung des Rentenalters für Frauen entschieden, bleibt abzuwarten, was sie zu diesem Reformpaket sagen. Es ist zurzeit also unklar, ob die BVG-Reform in Kraft tritt.
Und wie geht es mit Ihrer Vorsorge weiter?
Bereits heute stellen wir fest, dass viele Vorsorgeeinrichtungen wie Pensionskassen ihre Reglemente anpassen und zum Beispiel den Umwandlungssatz gesenkt haben. Dies bedeutet: In Zukunft gewinnt die private Vorsorge (3. Säule) weiter an Bedeutung, besonders die steuerlich privilegierte Säule 3a. Oftmals lohnt es sich, diese Möglichkeiten auszuschöpfen.
Wie Sie Ihre Vorsorge am besten gestalten, hängt von vielen individuellen Faktoren ab. Gerne beraten wir Sie dazu unverbindlich und persönlich.