Wesentliche Änderung in Trumps Strategie
In meinen CIO Weekly Thoughts vom 26.06.2018 («Es ist Zeit, die Verhandlungstaktik zu ändern») habe ich argumentiert, dass US-Präsident Trump trotz allem, was es an ihm auszusetzen geben mag, recht damit hatte, eine Debatte zum weltweiten Handel anzustossen. Tatsächlich wurden viele Handelsabkommen vor 20 Jahren geschlossen, als sich die globalen Wirtschaftsverhältnisse noch vollkommen anders darstellten.
Uneinheitliche Entwicklung in den letzten Jahren
Vor allem der Abstand zwischen den Industrie- und den Entwicklungsländern – und dabei insbesondere der zwischen China und dem Rest der Welt – war zu der Zeit, als die WTO-Abkommen ausgehandelt wurden, noch deutlich grösser. Seit China der Welthandelsorganisation (WTO) nach Jahren der Verhandlungen mit der Clinton-Regierung 2001 beitrat, ist die Wirtschaft des Landes im Vergleich zu derjenigen der USA um das Zehnfache gewachsen und das Land steuert nun den Spitzenplatz als grösste Volkswirtschaft der Welt in den nächsten zehn Jahren an.
Während jedoch die meisten westlichen Volkswirtschaften chinesischen Investitionen gegenüber offen sind, ist es für westliche Unternehmen bekanntlich nach wie vor schwer, auf dem chinesischen Markt Fuss zu fassen. Ausländische Firmen dürfen beispielsweise keine chinesischen Unternehmen kaufen und können normalerweise nur als Minderheitspartner eines Joint Ventures in China tätig sein.
Daher ist eine Neuverhandlung der Abkommen gemäss den Entwicklungen der einzelnen Volkswirtschaften mit der Aussicht auf Schaffung einheitlicher Wettbewerbsbedingungen der logische nächste Schritt. Allerdings war Trumps Vorgehensweise nicht klug. Wie viele Militärhistoriker nachweisen können, mindert der gleichzeitige Kampf an zu vielen Fronten die Effizienz einer Armee. Es wäre besser gewesen, wenn Trump seine Schlachten in der Reihenfolge der Prioritäten gefochten und sich mit anderen westlichen Regierungschefs zusammengetan hätte, um die wichtigste zu gewinnen: nämlich den Zugang zum chinesischen Markt zu verbessern und einen stärker auf Gegenseitigkeit beruhenden Handel mit China zu erzielen. Alle anderen Handelsgespräche mit Kanada, Mexiko und der EU spielen eine untergeordnete Rolle im Vergleich zu der Diskussion mit China und können deshalb zu einem späteren Zeitpunkt geführt werden.
Die Trump-Regierung hat nun ihre Strategie deutlich geändert
Donald Trump kündigte vergangene Woche einen «Waffenstillstand» mit der EU in Sachen Handelszölle an, nachdem er sich mit dem EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker getroffen hatte. Sie veröffentlichten zudem eine gemeinsame Erklärung, wonach beide Seiten beim Abbau von Industriesubventionen und von durch staatseigene Unternehmen entstandenen Verzerrungen, beim Schutz von geistigen Eigentumsrechten sowie beim Abbau unfairer Handelsbarrieren zusammenarbeiten wollen. Dies war eine recht unverhüllte Botschaft an China und ist ein klares Zeichen, dass die USA und die EU nun im Schulterschluss den Zugang zum chinesischen Markt und einen stärkeren gegenseitigen Handel anstreben. Mit seinem Strategiewechsel und der Bildung von Allianzen hat Donald Trump die Chancen darauf erhöht, die zweitgrösste Volkswirtschaft der Welt zu einer weiteren Öffnung zu bewegen und damit letztlich den Welthandel anzukurbeln ... Dieser Strategiewechsel war dringend nötig.
Die CIO Weekly Thoughts fokussieren und reflektieren Themen, die Lars Kalbreier während der Woche beschäftigt haben. Es ist vielmehr eine freie Meinungsäusserung, um gesunde Debatten unter den Lesern auszulösen, und keinesfalls eine Strategieempfehlung.