Wie lassen sich Anlagen zukunftssicher gestalten?

Insights, Geopolitics
05.12.2022 Lesezeit: 6 Minute(n)

Vor dem Hintergrund der schwierigsten Marktbedingungen seit Jahrzehnten ist eine resiliente langfristige Strategie von entscheidender Bedeutung, um der Volatilität zu trotzen, die mit den Unruhen einhergeht. Sind zukunftssichere Anlagen möglich? Christel Rendu de Lint, Deputy Head of Investments, erklärt, warum zukunftssichere Anlagelösungen bei der Strategie von Vontobel im Mittelpunkt stehen.

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«Auch wenn es bei Exzellenz in Investitionen in erster Linie um Performance geht, ist die Qualität institutioneller Investitionen mehr als nur Performance...»

Christel Rendu de Lint
Deputy Head Investments

  

Vontobel hat jüngst ein Update zu seiner Strategie veröffentlicht, in dem die Firma die strategischen Schritten erläutert, die sie im Zeitraum 2023–2024 treffen muss, um ihrem Anspruch gerecht zu werden, bis zum Jahr 2030 eine der weltweit führenden Investmentgesellschaften zu werden, die das höchste Vertrauen ihrer Kunden geniesst. In diesem Q&A beschreibt Christel Rendu de Lint, Deputy Head of Investments, wie Vontobel, als entscheidenden Schritt im Hinblick auf die Ziele für 2030, zukunftssichere Anlagelösungen bereitstellen möchte.


Q: Kürzlich sagten Sie, dass die derzeitigen Marktbedingungen zu den schwierigsten der letzten 60 Jahre gehören. Wie sorgen Sie unter solchen Bedingungen für zukunftssichere Anlagelösungen?

A: Die Marktbedingungen sind derzeit tatsächlich eine grosse Herausforderung, und ich behandle sie aufgrund der parallelen Korrektur am Anleihen- und am Aktienmarkt zu den sicherlich schwierigsten der letzten Jahrzehnte. Wir wurden Zeugen der dramatischsten abgestimmten Straffung der Geldpolitik seit dem Bestehen des modernen Zentralbankwesens, was wiederum eine allgemeine Korrektur über Anlagekassen und Marktsegmente hinweg zur Folge hatte, bei der lediglich Energie- und Rohstofftitel eine Ausnahme bilden.

Sich auf die Zukunft vorzubereiten, bedeutet für Vontobel, uns weiterhin auf unsere Kernaktivitäten zu konzentrieren. Dazu gehört insbesondere unsere Tätigkeit als Pure-Play-Anlagefirma. Wie unsere Mitbewerber treffen wir die erforderlichen Massnahmen, wie etwa Kosteneinsparungen, um den Spielraum zu sichern, den wir zum Erreichen unserer langfristigen Ziele benötigen.

Trotz der Marktbedingungen glauben wir, dass die fundamentalen Wachstumstreiber für einen Vermögensverwalter wie Vontobel bestehen bleiben. Aufgrund unserer Expertise, unseres Geschäftsmodells und unserer Reichweite sind wir hervorragend aufgestellt – wir werden weiterhin als aktiver Investmentmanager erfolgreich sein und in diesem Rahmen zukunftssichere Anlagelösungen bereitstellen. Unser kompromissloser Fokus liegt darauf, eine Outperformance für alle unsere Kunden zu erzielen – dies ist der grundlegende Zweck unserer Gesellschaft. In den Jahren 2023 und 2024 möchten wir uns ganz konkret auf drei Kernachsen konzentrieren: aktive Lösungen im Kontext neuer Modelle anbieten, unseren Kunden über Partnerschaften Zugang zu Privatmärkten ermöglichen und ESG-Lösungen aufbauen, um unseren Kunden einen Beitrag zu einer besseren Zukunft zu ermöglichen.


Q: Bevor wir diese drei Achsen vertieft behandeln, können Sie kurz über Ihr Geschäftsmodell sprechen?

A: Sehr gerne. Bei Vontobel kommen die Anlagekapazitäten im Rahmen einer einzigartigen Struktur zur Geltung. Unser sechs Boutiquen umfassende Ansatz bietet allen Kunden – unabhängig von ihrem Budget – institutionelle Expertise über eine diversifizierte Palette an Strategien hinweg. Und dieses Model setzen wir weltweit um, mit einer lokalen Präsenz in Europa, den USA und Asien und einem Anlageteam von 300 Expertinnen und Experten.

Bei der Anlageexzellenz steht zwar eindeutig die Performance im Zentrum, aber institutionelle Anlagequalität beinhaltet weit mehr als das. Das ist der Auftrag, den wir allen unseren Teams geben, unabhängig davon, ob ihr Fokus auf privaten oder auf institutionellen Kunden liegt: allen Kunden institutionelle Anlagequalität zu bieten. Und dieser Ansatz funktioniert hervorragend. Ende September belief sich unser verwaltetes Vermögen auf CHF 123 Milliarden – dies widerspiegelt unseren starken und bewährten Leistungsausweis, der zeigt, dass wir im Einklang mit unseren Kunden wachsen.


Q: Wie erzielt Vontobel Outperformance und wie bietet die Gesellschaft aktive Lösungen im Kontext neuer Modelle?

A: Performance und Outperformance zu erzielen, ist keinesfalls ein neuer Fokus – es ist der Zweck, den wir als aktiver Investmentmanager verfolgen. Dennoch sind wir derzeit stärker denn je darauf konzentriert. In einem Umfeld wie dem heutigen, in dem die Märkte zunehmend an Komplexität gewinnen, möchten wir sicherstellen, dass unsere Anlageteams stets das einzige Thema im Blick halten, das zählt: die Performance, die sie für unsere Kunden erzielen. Dazu gehört auch, für unsere Teams, die an der Bereitstellung von Anlageexzellenz arbeiten, günstige Bedingungen zu schaffen, etwa durch die Unterstützung bei rechtlichen oder Compliance-Themen, bei handelsbezogenen Fragen und in weiteren Bereichen.

Dies ist bis zu einem gewissen Grad eine interne Angelegenheit. Es stellt sich zudem die Frage, wie die neuen Modelle gestaltet werden. Die Welt ist im Wandel begriffen – das ist uns seit Langem bewusst. Aber wie bleibt man in einer sich verändernden Welt ein relevanter Akteur? Dazu gehört unbedingt, wachsam in Bezug auf langfristige makroökonomische Verschiebungen und die daraus resultierenden Auswirkungen auf Kundenanforderungen und die Anforderungen der Portfoliokonstruktion zu bleiben. Wir können die Zukunft nicht voraussagen, aber wenn wir uns die Frage stellen, was sie mit sich bringen könnte, so gibt es zwei potenzielle langfristige Verschiebungen, die sehr plausibel erscheinen.

Die erste besteht in höherer Inflation, die über längere Zeit bestehen bleibt. Die zweite besteht in stärkeren Spannungen zwischen den geopolitischen Blöcken als in der Vergangenheit. Im Falle einer höheren Inflation, die länger bestehen bleibt, stellt sich zunächst die schwierige Frage, wie man Performance auch über die Inflation hinaus erzielen kann. Dies gestaltet sich insbesondere bei Anlagen mit geringeren Renditen als schwierig. Was bedeutet dies für den Fixed-Income-Bereich? Sind Fixed-Income-Anlagen nach wie vor von Bedeutung? Kann man bei anhaltend hoher Inflation mit Fixed-Income-Anlagen noch Renditen erzielen? Diese Fragen sind zwar nicht neu, aber es dürfte klar sein, warum dieses Thema aktuell mehr denn je im Fokus steht.


Q: Warum liegt der Fokus für den Zeitraum 2023–2024 auf den Privatmärkten?

A: Die zweite Achse sind Privatmärkte. Wir möchten unseren Privatkunden im Rahmen einer Partnerschaft Zugang zu Privatmärkten ermöglichen. Dabei geht es darum, Privatmärkte als zentralen Baustein für unsere Privatkunden anbieten zu können. Dies entspricht ganz und gar unserem Anspruch, anlageorientiert zu handeln und bei der Bereitstellung institutioneller Anlagequalität keine Kompromisse einzugehen.

Der erste Schritt besteht daher darin, eine Partnerschaft mit einem wahrhaft institutionellen Privatmarkt-Akteur globaler Reichweite zu etablieren. Dieser zukünftige Partner soll über die institutionellen Referenzen verfügt, die es uns ermöglichen, unser Vorhaben umzusetzen. Aufgrund unseres Bekenntnisses zu Privatmärkten birgt die Zusammenarbeit mit einem institutionellen Partner in diesem Bereich auch die Chance, unseren Lernprozess und unsere Weiterentwicklung als Unternehmen zu beschleunigen.

Wie wir auf dem Investor Day angekündigt haben, werden wir auch in Zukunft auf Privatmärkte setzen – sie bilden einen zentralen Bestandteil unserer Strategie. Der Zeitpunkt ist aktuell zwar günstig, aber die diesjährigen Korrekturen am öffentlichen Markt könnten sich nächstes Jahr auch in der Performance von Privatmarktanlagen widerspiegeln.


Q: Ihre dritte Achse für zukunftssichere Anlagen betrifft ESG und den Weg zur Nachhaltigkeit. Vontobel ist das Thema Nachhaltigkeit schon lange ein Anliegen. Welche Veränderungen können die Kunden also in diesem Bereich erwarten?

A: Es handelt sich hierbei eher um eine Fortsetzung als um eine Veränderung. Wir sind anlageorientiert. Für mich bedeutet das, in allem, was wir tun, Anlageintegrität unter Beweis zu stellen. Wir können unsere Kunden nur dann bestmöglich begleiten, wenn wir bei der Qualität unserer Leistungen keine Kompromisse eingehen. Gleichzeitig fördert dieser Ansatz auch die Umsetzung von Nachhaltigkeit. Im Hinblick auf das Thema ESG haben wir unser Multi-Boutique-Geschäftsmodell, das aus für eine breite Produkt- und Anlagepalette zuständigen Teams besteht, an unseren vier ESG-Anlagegrundsätzen ausgerichtet.

Wir integrieren diese Grundsätze in unseren Anlageprozess, weil wir überzeugt sind, dass dies unseren Kunden langfristig ermöglicht, ihre Anlageziele zu erreichen. Als aktive Anleger nutzen wir Engagement und Stimmrechtsausübung, um unsere Treuhänderpflicht als Verwalter des Kapitals unserer Kunden zu erfüllen. Unsere Anlageteams sind verantwortlich für die Anwendung unserer ESG-Anlagegrundsätze, und wir haben uns einem transparenten, disziplinierten Ansatz der Offenlegung, der Berichterstattung und des Dialogs verschrieben.

Was unseren Kunden in Bezug auf ESG-Kriterien wichtig ist, liegt natürlich in ihrem Ermessen. Wir werden auch weiterhin auf unseren ESG-Lösungen aufbauen, um unseren Kunden unterschiedliche Optionen anbieten zu können, damit sie nicht nur ihre finanziellen, sondern auch ihre ESG-Ziele erreichen können – ganz gleich, welche Ziele sie anstreben. Wichtig ist es uns, dem Input-Aspekt angemessen Rechnung zu tragen, damit das Ergebnis aus der Perspektive der Nachhaltigkeit sinnvoll ist. Wir sind bestrebt, unseren Fokus auf unsere Impact-Kapazitäten zu richten. Dies ist ein Bereich, der nicht nur dem Kerngedanken entspricht, den , sondern auch mit vielen unserer Kunden resoniert. Wir möchten dieses Thema daher ausbauen und weiterentwickeln.

Ich möchte an dieser Stelle anmerken, dass uns unser Multi-Boutique-Ansatz einen klaren Vorsprung bietet – er bringt Debatten und Analysen aus unterschiedlichen Perspektiven zusammen. Diversifiziertes Denken und vielfältige Ansätze sorgen für Innovation und ebnen den Weg zum Erfolg. Dies ist einer der Gründe, warum wir uns aktiv an der Debatte rund um ESG beteiligen. Das dringende Erfordernis innovativer Lösungen ist dabei nur eine Seite der Medaille. Die andere Seite sind die ESG-bezogenen Anlagechancen, die sich durch neue Denkweisen eröffnen. Im Rahmen unseres Engagements für die Förderung der breiteren Diskussion um das Thema ESG haben wir jüngst eine Partnerschaft mit dem Financial Times Moral Money Forum bekannt gegeben. Dies ist nur eine Möglichkeit, wie wir uns an der Branchendiskussion rund um ESG und den damit verbundenen makrobezogenen und philosophischen Fragen beteiligen und Lösungen erkunden und vorstellen, die Organisationen derzeit entwickeln.