Investieren in Zeiten angespannter Geopolitik

Zwei wichtige nationale Ereignisse mit geopolitischer Tragweite liegen hinter uns: der Volkskongress der Kommunistischen Partei in China und die Midterms in den USA. Zeit, die Auswirkungen beider Ereignisse auf die Geopolitik zu beleuchten.

Erfahren Sie, welche Weichen gestellt wurden und wie sie sich auf die vielen Facetten geopolitischer Unsicherheit auswirken. Warum könnte dem fragilen Gleichgewicht zugutekommen, dass Chinas «Soft Power» noch nicht den Einfluss westlicher Staaten hat?

  

In dieser Video-Aufzeichnung: «Bekannte Köpfe, bekannte Blöcke»

© Vontobel, 15. November 2022, 09.00 Uhr (MEZ)

Aufzeichnung des Gesprächs zwischen Dr. Reto Cueni, Chief Economist bei Vontobel, und Dr. Simona A. Grano, Sinologin, Privatdozentin und Direktorin des «Taiwan Studies Project» an der Universität Zürich.

  

Die Fokusthemen im Überblick

  • Die US Midterms brachten nicht die republikanische Rote Welle, von der viele ausgingen. Die Haltung gegenüber China dürfte damit im Wesentlichen dieselbe bleiben. Das liegt auch am überparteilichen Konsens, China pessimistisch gegenüberzustehen («an unfavorable country»). Langfristig wäre eine republikanisch beeinflusste Aussenpolitik stärker darauf ausgerichtet, politische Signale der Stärke gegen innen zu senden. Projekte zur Unterstützung einzelner Partner im Ausland lägen weniger im Fokus.
  • In China nutzte Xi Jinping den Volkskongress erfolgreich, um seine Position zu festigen. Vordergründig stehen die Zeichen damit auf Kontinuität. Im Hintergrund, im Zirkel seiner engsten Ratgeber, dem sogenannt «stehenden Ausschuss», mussten Technokraten aber Ideologen weichen. In der Taiwan-Frage dürften diese sich offensiver positionieren als ihre Vorgänger. Auch hier gilt unter einer längerfristigen Perspektive: Aussenpolitische Schauplätze können instrumentalisiert werden, um von innenpolitischen Schwierigkeiten abzulenken. Ein wachsamer Blick auf Chinas ungewohnt schwächere Wirtschaft und die steigende Arbeitslosigkeit bei Jungen ist also angebracht.
  • Im geopolitischen Gesamtgefüge sind vorerst keine neuen Blocks oder Verschiebungen zu erwarten. Die Allianz zwischen Europa und den USA ging aus den aktuellen Krisen gestärkt hervor. Und für China ist es nach wie vor schwierig, andere Länder vehementer an sich zu binden. Zum einen fehlt dem chinesischen Narrativ die «Soft Power» – also eine kulturelle und ideologische Anziehungskraft, wie sie die westlich geprägte Kulturindustrie ausübt. Zum anderen sind die Abhängigkeiten Chinas von seinen Handelspartnern noch (zu) gross. Absehbarer ist hingegen eine Abkopplung in einzelnen Sektoren, zum Beispiel im Bereich Technologie. In Grundzügen ist diese Entkopplung schon länger sichtbar (mehr dazu in unserem Whitepaper «USA vs. China», 2019).
  • Wie gross ist vor diesem Hintergrund die Sorge, dass Russlands Einmarsch in der Ukraine zur Blaupause für chinesische Ambitionen in Taiwan wird? So offensichtlich gewisse Parallelen sind, so stark unterscheiden sich die beiden Fälle strukturell. Taiwan – an der Schwelle zum chinesischen Festland gelegen – ist von immenser geostrategischer Bedeutung. Ein Drittel der global transportierten Schiffsfracht passiert die Meerenge in dieser Region. Bis heute ist Taiwan das Rückgrat der weltweit innovativsten Halbleiterproduktion. Und bis heute liessen die USA keinen Zweifel daran, dass sie einen Angriff auf den Partner auch militärisch beantworten würden. Das war in der Ukraine explizit nie der Fall.

  

Erfahren Sie im obenstehenden Video weitere Details und Hintergründe aus erster Hand. Im Anschluss an ihr Gespräch beantworten Simona A. Grano und Reto Cueni weitere Fragen aus dem Livestream-Publikum.