Die Uhrenindustrie und ihre Herausforderungen
Zum zweiten Mal hat Vontobel in Zusammenarbeit mit der Zeitschrift Bilan CEOs und Experten der Uhrenindustrie zum Thema «Luxus: Ist die Uhrenindustrie visionär?» zusammengeführt.
Am 11. Oktober fand die zweite Vontobel-Konferenz im Royal Savoy in Lausanne mit über 220 Gästen in Zusammenarbeit mit der Zeitschrift Bilan statt, die sich der Uhrenindustrie widmet. Unter dem Motto «Luxus: Ist die Uhrenindustrie visionär?» wurden die Akteure der Branche danach befragt, wie sich die Schweizer Uhrenindustrie neu erfinden und auf die Zukunft vorbereiten kann.
Vontobel und Bilan trafen bei dieser Gelegenheit Geoffroy Ader, Experte für moderne und klassische Sammleruhren, Patrik Hoffmann, Executive Vice President von WatchBox Schweiz, Georges Kern, CEO von Breitling, Patrick Pruniaux, CEO von Ulysse Nardin und von Girard-Perregeaux, und René Weber, Analyst von Vontobel Investment Banking. Alexandre Jost, Leiter von Vontobel Wealth Management Lausanne, begrüsste die Gäste und hob die drei Werte – Nachhaltigkeit, Leidenschaft und Leistung – hervor, die Bankwesen und traditionelle Uhrmacherei vereinen. «Genau wie die Luxushandwerker tun wir nur das, was wir beherrschen», sagte er.
«Der Online-Verkauf spielt weiterhin keine grosse Rolle»
René Weber, Analyst im Vontobel Investment Banking für den Uhrensektor, präsentierte den Ausblick für die Branche: Das zweistellige Wachstum der letzten Jahre liegt nach seinen Worten hinter uns, aber er erwartet ein robustes einstelliges Umsatzwachstum. Er stellte fest, dass die grossen Uhrenhändler durch Akquisitionen expandieren, allen voran Bucherer. Dagegen seien die Online-Verkäufe bisher gering. Er zeigte auch auf, dass der Auktionsmarkt in der ersten Jahreshälfte 2018 weitgehend von Rolex und Patek Philippe dominiert wurde, die 71 Prozent der Umsätze erzielten.
Podiumsgäste (von links nach rechts): René Weber (Vontobel), Geoffroy Ader (Expert modern and vintage watches), Patrik Hoffmann (WatchBox), Patrick Pruniaux (Ulysse Nardin, Girard-Perregaux), Georges Kern (Breitling), Cristina d’Agostino (Bilan). © Darrin Vanselow
«Breitling auf die nächsthöhere Stufe führen!»
George Kern, CEO von Breitling, schilderte sein erstes Jahr an der Spitze von Breitling. Er hatte nämlich die Richemont-Gruppe verlassen und sah seine Ankunft bei der unabhängigen Marke Breitling als eine einzigartige Gelegenheit, zu investieren und Unternehmer zu werden. Seine Herausforderung heute: Breitling auf die nächsthöhere Stufe zu bringen. Er hob das Potenzial dieser Marke hervor, die in den grossen westlichen Märkten gut etabliert, in Asien (mit Ausnahme von Japan) dagegen kaum präsent ist. Das gilt insbesondere für China, wo die Millennials unkonventionellen Produkten gegenüber offener sind als ihre Eltern. Seine erste Massnahme: Integration von Vertriebspartnern, um direkter mit den Einzelhändlern zusammenzuarbeiten.
«Wer braucht noch Messen?»
In Bezug auf die Baselworld und den SIHH, an denen immer weniger Marken teilnehmen, bestätigte George Kern, dass Breitling 2019 in Basel präsent sein wird. Gleichwohl überdenkt man dies nun. «Die Welt hat sich in den letzten 10 bis 15 Jahren verändert. Früher kamen die Menschen nach Basel, um Prototypen mitzunehmen und Bestellungen aufzugeben. Heute läuft alles mehr und mehr digital ab, und die Marken betreiben mehr Einzelhandel. Daher muss man sich fragen, ob diese Messen Verkaufs- oder eher Kommunikationsplattformen sein wollen, die davon profitieren würden, wenn sie sich wie Modeschauen oder Markteinführungen von Apple präsentierten.
Das Apple-Erlebnis
Patrick Pruniaux, CEO von Ulysse Nardin und Girard-Perregaux, arbeitete zuvor bei Apple, wo er an der Markteinführung der Apple Watch beteiligt war. Welche Erfahrungen lassen sich allgemein auf den Luxussektor übertragen? «Apple hat eine langfristige Vision. Man lernt aus dem kontinuierlichen Feedback zu den Produkten, zu ihrer Zuverlässigkeit, aus den immer wieder durchgeführten Tests. Und man hat die Nutzung des Produkts zu einer Lebensart entwickelt». Patrik Hoffmann, Executive Vice President des Wiederverkäufers von WatchBox, erklärte, dass der Markt für zertifizierte Gebrauchtuhren noch in den Kinderschuhen steckt. Bislang gab es keinen organisierten Markt für den Kauf, Verkauf oder Tausch von Uhren mit der Hilfe zuverlässiger und kompetenter Fachleute. WatchBox bietet eine Garantie von 15 Monaten auf eine gebrauchte Uhr, die über ihre Website gekauft wurde. Er meint, «dass Wiederverkäufer und Marken zusammenarbeiten sollten».
«Die Chinesen können es in der Haute Horlogerie nicht mit uns aufnehmen»
Geoffroy Ader, Experte für Sammleruhren, äussert sich kategorisch: Die Chinesen würden nie in der Lage sein, das Schweizer Uhrmacher-Know-how nachzumachen. Und Apple-Uhren seien nicht mit Schweizer Luxusuhren zu vergleichen: «Metaphorisch gesprochen produziert Apple Coca-Cola, und die Uhrmacher stellen Château Lafitte her. Apple-Uhren benutzt man und wirft sie dann weg, um andere Uhren zu kaufen. Schweizer Uhren behält man jedoch und gibt sie an die nächste Generation weiter.
Quelle: bilan.ch
Vontobel berichtet über die Uhrenindustrie
Die Berichte von Vontobel über die Schweizer Uhrenindustrie dienen interessierten Marktbeobachtern als Erläuterung. Sie analysieren den Luxus- und Uhrenmarkt im Detail und sollen Investoren helfen, die richtigen Entscheidungen in Bezug auf die Rendite ihres Kapitals zu treffen.
Unser Analyst René Weber beobachtet seit über 20 Jahren die Schweizer Uhrenindustrie und pflegt sehr gute Kontakte in dieser Branche. Neben Prognosen trägt er Kommentare vieler Branchenteilnehmer zusammen. Auf diese Weise kann er belegen, dass seine Annahmen über den Umsatz der verschiedenen Marken wirklich zuverlässig sind. Auch wenn er manchmal weiss und angibt, dass seine Zahlen nicht zu 100 Prozent genau sind, sind sie doch eine sehr gute Schätzung für einzelne Marken und wertvolle Informationen für Investoren.