Investors’ Outlook: Bloss keine Kohle zu Weihnacht

Investors’ Outlook: Bloss keine Kohle zu Weihnacht

Welche Geschenke wird uns der Weihnachtsmann dieses Jahr bescheren? Wird sein Schlitten schwer beladen sein mit Plastikspielzeug und «Fast Fashion» aus der Ferne? Oder werden seine Rentiere eine leichtere Last zu ziehen haben, da die Containerschiffe mit all den guten Gaben noch im Hafen festsitzen? In jedem Fall wird uns der Rauschebart eines wohl nicht bescheren, weil es zunehmend als toxisch wahrgenommen wird: Kohle. Das gilt auch für seine Kollegin in Italien, die Hexe Befana, die dieses Jahr wohl kaum «Carbone»-Stücke verteilen wird.

Kohle, einst willkommener Brennstoff zur Winterzeit, gilt mancherorts – ähnlich wie die Rute von Knecht Ruprecht am Nikolaustag – als Strafe für unartige Kinder, wenn sie zur Bescherung im Weihnachtsstrumpf landet. Und heute, vor dem Hintergrund des Ringens um den Kohleausstieg auf der UN-Klimakonferenz in Glasgow, ist sie noch weiter in der allgemeinen Gunst gesunken.

Die Alternativen: erneuerbare Energie oder gar Atomstrom?

Der Spruch «Finger weg von Kohle» könnte einer unserer Vorsätze für das neue Jahr sein, aber wir wissen, wie es um gute Vorsätze oft bestellt ist. Wir alle sind uns bei der Richtung einig: Die Treibhausgasemissionen müssen weltweit rasch reduziert werden. Doch wie so viele gute Vorsätze könnte sich das Ziel der Klimaneutralität bis zum Jahr 2050 (oder sogar früher) als zu ehrgeizig erweisen. Unsere Stromnetze mögen die Abhängigkeit von Kohle verringert haben, sind dafür aber stark auf Gas angewiesen (ca. 60 Prozent). Erneuerbare Energien machen weniger als 30 Prozent aus.

Dies ist ein grosser Schritt in die richtige Richtung. Gleichwohl wissen wir, wie anfällig unsere Netze sind, wenn weder die Sonne scheint noch der Wind weht. Man denke auch an den Extremwinter in US-Bundesstaat Texas im letzten Jahr, in dem die Windkraftanlagen buchstäblich einfroren. Ohne Innovationen bei der Energiespeicherung können wir es uns nicht leisten, unsere Abhängigkeit von erneuerbaren Energien zu vergrössern. Batterien eignen sich derzeit noch nicht zur Speicherung erneuerbarer Energie im industriellen Massstab. Zwar gibt es andere technische Lösungen wie Pumpspeicherkraftwerke, wie sie in der Schweiz zum Einsatz kommen, oder Energiespeicherung durch Schwungräder oder Druckluft. Aber keine von ihnen ist so effizient wie die herkömmlichen (umweltverschmutzenden) Arten der Stromerzeugung. Wenn wir ernsthaft Klimaneutralität bis 2050 erreichen wollen, müssen wir unsere Einstellung zur Kernenergie möglicherweise überdenken – ein umstrittener Vorschlag, den angesichts der Abkehr von fossilen Brennstoffen aber viele Länder zunehmend in Betracht ziehen.

Ist die Zeit reif für eine «De-Carb-Diät»?

Nach der Völlerei des industriellen Zeitalters werden wir nun hoffentlich auf kohlearme Kost setzen und zum Wohle des Planeten und unserer Kinder eine «De-Carb-Diät» beginnen. Gleichzeitig müssen wir jedoch bei unseren guten Vorsätzen realistisch bleiben. Falls uns dies nicht gelingt, könnten wir auf eine Energiekrise zusteuern, in der viele Haushalte ihre Heizkosten nicht mehr tragen können. In diesem Fall würden sich die energiehungrigen Verbraucher wohl Befana mit einem Sack voller Kohle herbeiwünschen oder die Rute von Knecht Ruprecht verfeuern.

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