Warum die Impfstoff-Suche nicht schneller gehen kann – und soll. Über Chancen und Grenzen im Wettlauf gegen das Virus und die Zeit.
Wettlauf um den Corona-Impfstoff
Das grosse Hoffen auf einen Corona-Impfstoff
Das Wettrennen um einen Impfstoff gegen COVID-19 ist in vollem Gang. Was üblicherweise Jahre dauert, soll diesmal viel schneller gehen. Experten dämpfen jedoch allzu hohe Erwartungen.
Weltweit liefern sich Biotech-Unternehmen und Forschungsinstitute einen Wettbewerb um den ersten Corona-Impfstoff, der zahlreiche Politiker und Persönlichkeiten auf den Plan ruft. Dabei geht es auch um Renommee und viel Geld.
Die Erwartungen sind hoch
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hofft, dass bis Ende Jahr ein Wirkstoff entwickelt sein wird. Der britische Experte und Regierungsberater Jeremy Farrar erwartet dies sogar schon bis Herbst. Bis ein solches Präparat massenhaft verfügbar ist, dauert es dann aber noch ein Jahr. Microsoft-Gründer Bill Gates forderte die G20-Wirtschaftsmächte auf, mehr Geld für die Forschung bereitzustellen. Die von ihm mitbegründete Impfstoff-Allianz CEPI sei daran, einen Wirkstoff zu entwickeln, der in 18 Monaten anwendungsbereit sein könne. Dafür brauche sie aber zwei Milliarden US-Dollar.
Auch der Schweizer Immunologe Martin Bachmann vom Inselspital Bern macht beim globalen Wettlauf mit – und das mit einem sehr sportlichen Zeitplan. «Unser Impfstoff soll im Oktober bereit sein», so Bachmann. Die Finanzierung des Projekts ist auf gutem Weg und auch die Zulassung sollte schneller erfolgen als sonst üblich. Im August will Bachmann mit ersten Tests an Freiwilligen beginnen – Druck und Verantwortung sind immens hoch.
Ein Impfstoff muss sicher sein
Die wenigsten Experten rechnen damit, dass es noch in diesem Jahr einen wirksamen, in riesigen Mengen verfügbaren Impfstoff geben wird. Gewöhnlich werden für die Entwicklung solcher Präparate etwa 15 Jahre veranschlagt. Beim Coronavirus geht es zwar deutlich schneller, weil vor allem auf biotechnologische Verfahren gesetzt wird, das deutsche Paul-Ehrlich-Institut warnt jedoch davor, die Abläufe allzu sehr zu beschleunigen. Ein Impfstoff für Millionen von Menschen muss gut verträglich und absolut sicher sein.
Update
Diese Schilderung der Impfstoffsituation wurde geschrieben, bevor die ersten Impfstoffe verfügbar waren. Hören Sie hier eine aktuelle Einschätzung zum Thema «Impstoffe und Logistik» von unserem Research-Team (Stand Januar 2021).