Positive Fallstudie zu Nachhaltigkeit: Schwellenländer-Unternehmensanleihen
Insights, Perspektiven 2021
29.11.2021
von
Nuria Jorba Arimany, Sergey Goncharov, Wouter Van Overfelt
Lesezeit:
5
Minute(n)
Die Zunahme an Investitionen in Zusammenhang mit Nachhaltigkeit (ESG) ist ein weltweites Phänomen, und in den letzten Jahren liess sich in den Schwellenländern (Emerging Markets) ein beachtliches Wachstum in diesem Segment beobachten. In den vergangenen sechs Jahren hat die Ausgabe von sogenannten Labelled Bonds, die als «grün» oder «nachhaltig» oder als «Social» oder «Sustainability-Linked Bonds» gekennzeichnet sind, mit einer durchschnittlichen jährlichen Wachstumsrate (CAGR) von mehr als 91 Prozent zugelegt. Allein seit Beginn dieses Jahres ist das Emissionsvolumen von ESG-Anleihen aus Emerging Markets auf über USD 114 Milliarden gegenüber USD 39 Milliarden im Jahr 2020 gestiegen (siehe Grafik 1).
Anleihen, die unter dem Oberbegriff «Nachhaltigkeit» ausgegeben werden, lassen sich grob in grüne Anleihen, nachhaltige Anleihen, Social Bonds und Sustainability-Linked Bonds unterteilen. Die unten stehende Grafik zeigt die verschiedenen Angebote auf dem Markt. Als Fixed-Income-Anleger kaufen und verkaufen wir handelbare Wertpapiere. Unser Fokus liegt daher auf Anleihen mit Nachhaltigkeitsthema.
Im Hinblick auf nachhaltige Anlagen sollten sich aktive Anleger unserer Ansicht nach auf Papiere konzentrieren, deren zugrunde liegende Unternehmen bzw. Länder Massnahmen zur Verbesserung ihrer ESG-Bewertung ergreifen. Die Frage lautet also nicht, ob sie ihre ESG-Ziele bereits erreicht haben, sondern ob sie sie erreichen werden. Orientiert man sich an der Strategie des ausgebenden Unternehmens als Kriterium, erreicht man unserer Ansicht nach zwei Ziele: Erstens werden Unternehmen, die von einem nicht nachhaltigen auf einen nachhaltigen Betrieb umstellen, belohnt und unterstützt, und zweitens eröffnet sich so das grösste Renditepotenzial.
Um zu zeigen, welche Möglichkeiten sich nachhaltigkeitsbewussten Anlegern in den Emerging Markets bieten, werfen wir einen Blick auf Chile als konkretes Beispiel.
Chile legt hohes Tempo bei der Energiewende vor
Wenn es um Vorstösse in Richtung «grüner» Energie geht, ist Chile ganz vorn mit dabei. Im Jahr 2019 gab die chilenische Regierung einen nationalen Plan zum Kohleausstieg bekannt, in dessen Rahmen das Land bis 2050 klimaneutral werden will. Der Plan zielt auf die Verringerung der CO2-Emissionen in sämtlichen Branchen ab, doch die Transformation der Stromerzeugung ist einer der Schlüssel zum Erfolg. Mit dem Plan wurde das Ziel gesetzt, die Abhängigkeit des Systems von Kohle zu reduzieren. Bis 2024 sollen Kohlestromkapazitäten im Umfang von1047 MW abgebaut und bis 2040 soll Kohle als Energieträger vollständig abgeschafft werden. Nun drängt die Regierung darauf, das für 2040 geplante Ziel auf das Jahr 2025 vorzuziehen, und ein entsprechendes Gesetz wurde bereits vom Abgeordnetenhaus verabschiedet. Derzeit wird es vom Senat geprüft, dessen Zustimmung für das Inkrafttreten erforderlich ist. Unabhängig davon, ob der vollständige Ausstieg aus der Kohlestromerzeugung bereits 2025 oder erst 2040 gelingt – zum Erreichen des Ziels sind erhebliche Geldmittel erforderlich.
Derzeit ist Kohle immer noch die wichtigste Energiequelle Chiles. Kohle hatte 2020 einen Anteil an der Gesamtstromerzeugung von 35 Prozent, es folgen Wasserkraft mit 27 Prozent und Erdgas mit 18 Prozent. Allerdings weisen erneuerbare Energien unserer Ansicht nach die günstigsten Preise auf, gefolgt von Kohle, Gas und Diesel. Obwohl der nationale Dekarbonisierungsplan rund 380 private Stromerzeuger umfasst, entfällt der Löwenanteil der Stromerzeugung in Chile auf vier grosse Versorger: AES Andes, Colbún, Engie und Enel. Alle vier stellen derzeit von Kohle auf erneuerbare Energien um, doch der Übergang von fossilen zu erneuerbaren Energien erfordert beträchtliche Investitionen. Vorläufig müssen Privatunternehmen die Frage nach der Finanzierung ihrer Umstellung auf die Erneuerbaren noch selbst beantworten. Es wird geschätzt, dass sich im chilenischen Energiesektor ein Gesamtprojektvolumen von USD 18 Milliarden entweder im Bau befindet oder mit Blick auf die Umweltverträglichkeit auf eine künftige Weiterentwicklung geprüft wird. Die Unternehmen gehen davon aus, ihre Investitionen mit einer Kombination aus interner Mittelgenerierung, Eigen- und Fremdkapital zu finanzieren. Für Anleihenanleger ergeben sich dadurch neue Anlagechancen. Grosse Energieerzeuger machen den Hauptanteil der Neuemissionen aus, doch auch kleinere Akteure mischen mit – Unternehmen wie Inversiones Latin America Power, das im Juni erstmals an die Anleihenmärkte ging und ein Gesamtvolumen von USD 404 Millionen emittierte, um den Bau von Solar- und Windparks zu finanzieren. Auch in das Übertragungsnetz des Landes wird investiert, da neue Leitungen gebaut werden müssen. Ein Beispiel dafür ist die Anleihenemission von Interchile im Umfang von USD 1,2 Milliarden im Juli.
Der Netto-Energieimporteur Chile strebt den Wandel zu einem Energieexporteur an. Um dieses Ziel zu erreichen, will das Land seine Stromerzeugung von 77 TWh im Jahr 2020 auf über 220 TWh bis 2050 erhöhen. Davon sollen 94 Prozent auf erneuerbare Energien entfallen. Langfristig betrachtet Chile Nachhaltigkeit als Ertragsmotor für seine Wirtschaft und strebt es an, mit grünem Strom schwarze Zahlen zu schreiben. Es ist offensichtlich, dass Chiles Energieziele mehr sind als blosse Lippenbekenntnisse. Dies liess sich in den vergangenen Jahren an den legislativen Vorstössen der Regierung ebenso ablesen wie an der zunehmenden Emission grüner Anleihen durch die Unternehmen.
Die Emission von Labelled Bonds in Chile hat sich von rund USD 6 Milliarden im Jahr 2019 auf geschätzte USD 17,4 Milliarden im Jahr 2021 ausgeweitet (siehe Grafik 2). Dieser Trend dürfte sich in den kommenden Jahren mit der Genehmigung neuer Projekte durch die Aufsichtsbehörden fortsetzen. Auch Nachhaltigkeitsentwicklungen in wichtigen Sektoren wie Bergbau, Landwirtschaft oder auch im Transportsektor werden zusätzliche Möglichkeiten bieten, in das Land zu investieren. Die Anleger legen zunehmend Wert auf ESG-Kriterien und die Nachfrage nach nachhaltigkeitsbezogenen Anleihen ist gross. Von dieser Nachfrage möchte Chile profitieren, um seine Ziele zu erreichen.
Regulatorischer Rahmen stützt Fortschritte bei Nachhaltigkeit in Schwellenländern
Chile verfügt über ein einzigartiges Potenzial zur Erschliessung erneuerbarer Ressourcen, wie eine kürzlich von J.P. Morgan veröffentlichte Studie betont: «Die Wüsten im Norden des Landes weisen die höchste Sonneneinstrahlung des Planeten auf, und im Süden blasen die Winde unablässig mit der gleichen Kraft wie ablandige Winde.»1
Die Zunahme von ESG-Investitionen wird sich fortsetzen, getragen vom Interesse der Anleger, die ihre Portfolios an Nachhaltigkeitszielen ausrichten. Während die Industrieländer im Hinblick auf nachhaltige Praktiken tendenziell die Nase vorn haben, besteht in den Schwellenländern Nachholbedarf. Die Anleger sollten dies als Anlagechance betrachten, denn die Schwellenländer befinden sich daher in einer Position, in der sie die grössten Schritte in Richtung ihrer ESG-Ziele machen und dabei im Vergleich zu den Industrieländern attraktive Spread-Aufschläge bieten können. Allerdings handelt es sich beim Emerging-Markets-Segment um ein sehr breites Anlageuniversum, und zwischen den Ländern herrschen grosse Unterschiede in Bezug auf das Engagement für Nachhaltigkeit. Entscheidend für Anleger in EM-Unternehmensanleihen ist es, diejenigen Länder zu identifizieren, in denen Regierungspolitik und Gesetzgebung unterstützend wirken und ein Umfeld für Unternehmen schaffen, das eine nachhaltige Entwicklung begünstigt. Chile ist ein solches Schwellenland. Es bietet eine klare, durch die Regierung unterstützte Roadmap, und die Unternehmen des Landes ergreifen konkrete Massnahmen zum Erreichen ihrer Nachhaltigkeitsziele. Zusammengenommen wirken sich diese Faktoren positiv auf das Potenzial für Wachstum und Performance aus.
1 LatAm Hydrogen. Chile Leading the Revolution in LatAm, J.P.Morgan. Latin America Equity Research, 11. August 2021.
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