Black Friday und Cyber Monday: Indikatoren für die globale Konsumstimmung
Am Black Friday und Cyber Monday schreiben Einzelhändler statt roter, schwarze Zahlen. Experten rechnen auch für dieses Jahr mit einem weiteren Umsatzplus – ein Zeichen, dass die Wirtschaft floriert. Frank Häusler, Chief Strategist bei Vontobel Asset Management, erklärt in unserem Interview, was dies mit einer möglichen Wiederwahl Trumps zu tun haben könnte.
In den USA ist der Black Friday ein ganz besonderer Einkaufstag, der den Beginn des Weihnachtsgeschäfts einläutet. An diesem letzten Freitag im November öffnen die Läden schon früh am Morgen. Mit hohen Rabatten locken sie die Kunden in Scharen an und generieren sehr grosse Umsatzvolumen. Häufig schreiben die Geschäfte an diesem Tag «schwarze Zahlen» (sind also rentabel).
Wie fing alles an?
Die Geschichte des Black Friday geht erheblich weiter zurück, als man denken würde. Im späten 19. Jahrhundert bestimmte Präsident Abraham Lincoln, dass am letzten Donnerstag im November Thanksgiving gefeiert werden soll, und seitdem gilt dieser Tag als inoffizieller Beginn der Weihnachtszeit. Die Wochen danach sind naturgemäss von einer regeren Einkaufstätigkeit geprägt, da Weihnachten nur noch einen knappen Monat entfernt ist.
Der eigentliche Hintergrund des Black Friday aber ist dramatischer. Erstmals verwendet wurde der Begriff im Zusammenhang mit einem horrenden Einbruch des Goldpreises innerhalb eines Tages, am 24. September 1869. Die Anleger Jay Gould und Jim Fisk hatten im Stillen versucht, den US-Goldmarkt in die Enge zu treiben. Durch ihre Manipulationen stürzte an jenem Tag letztlich nicht nur der Goldpreis ab, sondern auch der Aktienmarkt fiel um 20 Prozent. In den Wochen danach kam der Aussenhandel zum Erliegen und die Preise für Weizen und Mais gaben um 50 Prozent nach.
Wir haben mit Frank Häusler, Chief Strategist bei Vontobel Asset Management, über diese Tage gesprochen, an denen der Einzelhandel seine grössten Umsätze schreibt:
«Der Black Friday gilt als ‹Stimmungsbarometer› , also als Anhaltspunkt für das Konsumklima.»
Frank Häusler, Chief Strategist bei Vontobel Asset Management
Frank, ist der Black Friday tatsächlich das grösste Einkaufsereignis des Jahres?
Ja und nein. Der wichtigste Tag für den Einzelhandel ist eigentlich der letzte Samstag vor Weihnachten.
Gibt es den Black Friday nur in den USA?
Keinesfalls. China hat seinen «Singles’ Day» am 11. November, der im Online-Geschäft den Absatz-Tagesrekord hält. Auch Kanada zelebriert den Black Friday, und nun springt auch Europa auf den Zug auf, wie schon bei Halloween und Thanksgiving. Und nicht zu vergessen der «Cyber Monday», der erste Montag nach Thanksgiving: Auch an diesem Tag werben Online-Händler mit besonderen Schnäppchen.
Was bedeutet der Tag für den Einzelhandel und die Wirtschaft?
Der Black Friday gilt als «Stimmungsbarometer», also als Anhaltspunkt für das Konsumklima. Ursprünglich nur für die USA relevant, kann man heute den Tag, wie gesagt, als globalen Indikator betrachten. Der Umsatz am Black Friday ist wichtig für die Aktienmärkte. Die Konsumlaune der Verbraucher richtet sich nach der Sicherheit der Arbeitsplätze und diese ist nur gegeben, wenn es der Wirtschaft gut geht. Ein schwaches Black-Friday-Geschäft könnte bedeuten, dass die nächste Rezession näher ist als gedacht, nachdem der Arbeitsmarkt bereits unter der rückläufigen Entwicklung im verarbeitenden Gewerbe leidet und diese auch den Dienstleistungssektor ergreifen könnte. Der private Konsum ist für moderne Volkswirtschaften die bei Weitem wichtigste BIP-Komponente (rund 60 Prozent weltweit). Interessanterweise sind selbst «industrielle Kraftpakete» wie Deutschland oder die Schweiz konsumabhängig, doch entfällt dort anders als in den USA oder auch Grossbritannien schlichtweg ein höherer Anteil am Gesamt-BIP auf das verarbeitende Gewerbe.
Wie stehen in diesem Jahr die Aussichten für den Black Friday?
Den Erwartungen zufolge wird der private Konsum weiter steigen. Aktien von Einzelhandelsunternehmen haben sich in diesem Jahr besser entwickelt als der Gesamtmarkt. Die positiven Erwartungen für den kommenden Black Friday müssen somit erfüllt werden, andernfalls steht dem Einzelhandel eine Korrektur bevor. Ein sehr starker Black Friday könnte die Aktienrotation in zyklischere Sektoren weiter stützen (Heraufstufung von Bankwerten, Herabstufung von Immobilien- und Versorgertiteln). Wenn der Black Friday erfolgreich verläuft, das globale Wachstum sich stabilisiert, es zu einer Einigung im Handelsstreit kommt und die Zentralbanken solide im Aufwind bleiben, könnte es in diesem Jahr durchaus zu einer ordentlichen Weihnachtsrally kommen.
Macht ein zufriedener Verbraucher auch den Präsidenten glücklich?
Das könnte man wohl so sagen. Das Konsumklima in den USA ist gut und Donald Trump wird alles daran setzen, dass sich daran nichts ändert. Eine boomende Wirtschaft und zufriedene Verbraucher helfen ihm definitiv bei seiner Mission «Wiederwahl 2020».
Über Frank Häusler
Frank Häusler kam 2018 zur Multi Asset Boutique von Vontobel Asset Management und ist Chief Strategist und Head OCIO and Solutions. Er beaufsichtigt die Anlagestrategie und ist Präsident des Asset Allocation Committee.
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