Grüne Wolkenkratzer gegen Stadt-Hitze
Wie ein Baum mitten in Singapur: So wirkt das «Oasia» Hotel des Architekturbüros WOHA. Ein Green-Building-Konzept, das Tropen-Metropolen aufatmen lässt.
Zwei Autos, eine Zitrone und eine Plastikflasche mit Limonade. Das sind nur einige der Objekte, die durch die Sonnenreflexion des Londoner «Walkie Talkie»-Gebäude auf der Strasse gegenüber schmolzen. Aber die Wärme, die von den gekrümmten, 160 Meter hohen Wänden des Glasturms abgestrahlt wird, ist nicht das, was uns am meisten sorgen sollten. Das Walkie Talkie heizt – wie alle gläsernen Wolkenkratzer – unsere Umwelt viel stärker auf als bisher angenommen.
©WIRED
Von
Sophia Epstein,
Journalistin beim Technologiemagazin Wired UK.
Ihre Recherche veröffentlichen wir hier als Teil unserer Publishing Partnership mit Wired UK.
«Dies ist ein Klimanotfall», sagt Diana Ürge-Vorsatz, Professorin für Umweltwissenschaften und -politik an der Central European University in Ungarn und Mitglied des Zwischenstaatlichen Gremiums für Klimawandel (IPCC). Sie glaubt, dass Wolkenkratzer aus Glas verboten werden sollten. «Wenn wir ein vernünftiges Klimaziel erreichen wollen, haben wir, denke ich, keine andere Option.»
Jedes Gebäude, in dem Hunderte von Menschen leben, hinterlässt einen riesigen Fussabdruck in Bezug auf unser Klima. Glas ist dabei besonders problematisch. Das Sonnenlicht trifft direkt auf die Fassaden, findet jedoch von dort keinen Ausweg mehr. «Mit einem Gebäude komplett aus Glas bekämpfen Sie die Umwelt, anstatt mit ihr zu arbeiten», sagt Simon Sturgis, Berater der Regierung und Vorsitzender der Nachhaltigkeitsgruppe des Royal Institute of British Architects. «Herkömmliche Wolkenkratzer aus Glas sind nur hohe Gewächshäuser. Die Wärme im Inneren kann nicht entweichen, da die gesamte Struktur durch eine gläserne Hülle versiegelt ist. Das ist grossartig für Tomaten, aber für Menschen bedeutet es einfach nur: mehr Klimaanlagen.»
Die für die Kühlung verwendete Energiemenge hat sich seit dem Jahr 2000 mehr als verdoppelt und wird sich bis 2040 erneut verdoppeln, wenn wir unsere Abhängigkeit von Klimaanlagen nicht einschränken, so die Internationale Energieagentur. «Selbst in einem gemässigten Klima werden die Probleme mit der Kühlung immer ernster, und die Verbreitung von Glasgebäuden verstärkt diese Tatsache», sagt Henrik Schoenefeldt, Dozent für nachhaltige Architektur an der University of Kent.
Es ist ein Teufelskreis: Wir bauen ein Gebäude aus Glas und müssen dieses dann mit einem erhöhten Energieverbrauch wieder herunterkühlen. Und je mehr Energie wir verbrauchen, um so grösser ist die CO2-Belastung und mit ihr die Erwärmung der Erde. Das wärmere Wetter wiederum macht es noch aufwändiger, die Glasgebäude abzukühlen, denn verschwitzte Mitarbeiter sind keine glücklichen Mitarbeiter. Und so dreht sich die Spirale immer weiter.
Dieses Problem kann man nicht durch einfaches Ausschalten der Klimaanlage lösen. «Wir wollen nicht, dass Menschen in überhitzten Gebäuden schwitzen, das ist nicht der Punkt», sagt Ürge-Vorsatz. «Der Punkt ist, dass man mit verantwortungsbewusster Architektur die Menschen kühl halten kann, ohne unnötig zu kühlen. Wir müssen einfach bessere Gebäude bauen.»
Herkömmliche Wolkenkratzer aus Glas sind versiegelt, sodass keine natürliche Belüftung stattfindet. Architekten haben jedoch eine Möglichkeit entwickelt, der begehrten Glas-Ästhetik Fenster hinzuzufügen. «Man kann effiziente Gebäude mit hoher Verglasung bauen, aber es ist technisch sehr aufwendig und man muss sich überlegen, wie das Gebäude geschichtet ist», sagt Schönefeldt.
Der «RHW.2»-Büroturm in Wien hat zwei äussere Glaswände mit einem Hohlraum dazwischen, sodass die inneren Fenster geöffnet werden können, um frische Luft hereinzulassen. «Sie haben die Ästhetik des Prismas beibehalten, aber das Gebäude mit einer zweiten Haut umweltbewusster gemacht.» Das österreichische Bürogebäude verbraucht nur 20 Prozent der Energie, die eine herkömmliche Glas-Konstruktion in ähnlicher Grösse in Grossbritannien verbrauchen würde, sagt er. Und während der Preis des Turms für 800 Mio. GBP um 4,6 Mio. GBP höher liegt, als eine weniger innovative Version kosten würde, wird der zusätzliche Aufwand nach vierjähriger Nutzung wieder eingespielt. «Die Gebäude sind so effizient, dass sie bei den Betriebskosten echte Einsparungen erzielen können», sagt Schönefeldt. Viele moderne Wolkenkratzer aus Glas nutzen diese Konstruktionstechnik, ebenso wie andere technologische Fortschritte, zum Beispiel Jalousien, die sich automatisch so einstellen, dass kein Sonnenlicht in das Gebäude eindringt. Das klingt nach der perfekten, technologieorientierten Lösung.
«Aber ganz so einfach ist es nicht», sagt Sturgis. «Das Verringern der Kühlung reicht nicht aus, um diese Glasstrukturen wieder zu neutralisieren. Diese Fassaden wurden entworfen, um die Kühllast zu reduzieren. Das Problem dabei ist, dass sie dennoch einen sehr hohen Energieverbrauch aufweisen». Verkörperte Energie ist die Energie, die zur Herstellung des Materials benötigt wird. Holz hat eine geringe Energieintensität, da es im Wachstum der Umgebungsluft den Kohlenstoff entzieht, während Glas sehr energieintensiv ist.
Sturgis gibt zu, dass diese geschichteten Fassaden die Kühlprobleme verringern, er weist allerdings darauf hin, dass Glas nicht ein Leben lang hält. «Die Verglasung muss alle 30 bis 40 Jahre ausgetauscht werden», sagt er. «Und das erzeugt wiederum ein grosses Problem mit der Kohlenstoff-Emission.» Zudem sind die Glasscheiben mit einem Kunststoff verklebt, der sehr schwer zu recyceln ist. Das Problem mit den spiegelnden Palästen ist, dass sich Glas hervorragend für die Herstellung von Fenstern eignet, wenn es jedoch um den Rest des Gebäudes geht, kann es trotz innovativer Lösungen nicht als nachhaltiger Werkstoff angesehen werden.
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